Stadt Stein: Das Schloß samt den Werksanlagen von A.W. Faber-Castell

Seit 1761 ist das Schicksal Steins eng mit der Handwerkerfamilie Faber und später dem Geschlecht Castell-Rüdenhausen verknüpft. In diesem Jahr begann der Schreiner Kaspar Faber, der sich einige Jahre zuvor, von Langenzenn kommend, in Stein niedergelassen hatte, mit der Fertigung von „Bleiweißstefften“ in handwerklich einfacher Form, denn eine industrielle Produktion war noch nicht möglich. Auch gab es noch keinen Berufsstand des „Bleistiftmachers“, obgleich versucht worden war, das Bleistiftmachen zu einem zunftgerechten Handwerk zu erheben. Diese Bestrebungen scheiterten an der fehlenden Genehmigung des Nürnberger Rugsamtes, das die Gewerbeaufsicht in der Reichsstadt und ihrem Umland ausübte. Die Geschichte Steins stand auch in der Mitte des 18. Jhs. noch ganz im Einflussbereich der fränkischen Metropole, obwohl diese schon viel von ihrem Glanze verloren hatte.
Insbesondere der Verkauf von Bleistiften geschah noch in vormerkantiler Form. Es ist zum Beispiel überliefert, dass Anton Wilhelm Fabers Frau mit dem Weidenkorb nach Nürnberg auf den Markt ging, um dort Bleistifte anzubieten, so wie es schon 250 Jahre früher Albrecht Dürers Frau Agnes mit dessen Graphikblättern getan hatte.
Obgleich es also noch keinerlei geregelte Handelsgeschäfte gab, konnte Kaspar Fabers Sohn Anton Wilhelm nach Übernahme des kleinen Handwerksbetriebes 1783 mit der von seinem Vater ererbten Barschaft den sogenannten „unteren Spitzgarten“ für die Vergrößerung des Werksgeländes erwerben. Damit waren die Wurzeln des nochmaligen Weltunternehmens A. W. Faber-Castell geschlagen, dessen Stammhaus in Stein sein historisches Verwaltungsgebäude noch heute in diesem Flurbereich stehen hat und das mittlerweile in der achten Generation in Familienbesitz geführt wird.
Obgleich sich jeder einzelne in der Reihe der Firmeneigentümer nach seinen Kräften bemühte, beeinträchtigten äußere Einflüsse mitunter den wirtschaftlichen Erfolg. Für Georg Leonhard Faber brachte die napoleonische Zeit manche Einschränkungen mit sich, und die fortschreitende Erschöpfung der englischen Graphitgruben führte zu einer erheblichen Verknappung und Verteuerung des für die Bleistiftherstellung unerlässlichen Rohstoffs.
Eine entscheidende Wende vollzog sich, als der erst 22-jährige Lothar Faber nach dem plötzlichen Tod seines Vaters Georg Leonhard 1839 die kleine Fabrik in einem wenig guten Zustand übernahm und seine Kenntnisse aus der kaufmännischen Ausbildung in Nürnberg und seine Erfahrungen eines freien Handels, einer blühenden Industrie und einer entwickelten Bleistiftproduktion aus Paris einbrachte.
Um den Absatz zu fördern, reiste Lothar mit einer Kollektion von Musterstiften durch Deutschland und Europa bis nach Russland und kehrte stets mit vollen Auftragsbüchern zurück. 1849 wagte er den Sprung nach Übersee und gründete in New York eine eigene Handelsniederlassung, womit der Schritt auf den Weltmarkt getan war.
In Stein waren inzwischen beiderseits der Rednitz neue Fabrikationsgebäude des Bleistiftunternehmens entstanden, für dessen Beschäftigte eine Arbeitersiedlung angelegt, ein Kindergarten eingerichtet, ein Schulhaus gebaut und schließlich 1861 sogar eine Kirche errichtet, alles maßgeblich gegründet, gefördert und finanziert durch den Fabrikanten Lothar von Faber, der aufgrund seiner sozialen und wirtschaftlichen Leistungen 1862 vom bayerischen König Maximilian II. geadelt und 1881 in den erblichen Freiherrenstand erhoben wurde.
Lothar von Faber hatte in seinem arbeitsreichen Leben nahezu alles erreicht, was sich ein Unternehmer seiner Prägung zum Ziele setzen kann, nur blieb ihm die männliche Nachfolge in seinem Betrieb versagt, da sein Sohn Wilhelm erst 43-jährig vor ihm verstorben war. So ging nach Lothars Tod 1896 die Firmenleitung zunächst an seine Witwe und später an seine Enkelin Ottilie über. Diese heiratete 1898 den Grafen Alexander zu Castell-Rüdenhausen, der gleichzeitig als Teilhaber in die Firma eintrat und den Familien- und Firmennamen A.W. Faber-Castell begründete. Wohnung nahm Graf Alexander mit seiner Familie in dem von 1903 bis 1906 erbauten Neuen Schloß.
Der in Anlehnung an den Stil der deutschen Romanik (um 1200) errichteten Prachtbau ist in Verbindung mit dem Alten Schloß zum Wahrzeichen der Stadt Stein geworden und verkörpert den wirtschaftlichen Erfolg einer Familie, durch die eine anfangs kleine, ja gesichtslose Gemeinde zu einem einflussreichen, im sozialen Sinne fortschrittlichen Industriezentrum mit beispielhafter Ausstrahlung wurde.
Insbesondere das fürstliche Ambiente mit Schloß, Park im englischen Stil mit künstlich aufgestautem Weiher, Forst- und Rentamt, ehemaligem Gutshof und Reitstall tragen zum dekorativen Erscheinungsbild bei, wie andererseits die Stiftungen der Unternehmerfamilie als Arbeitgeber das soziale Umfeld mitbestimmen. Dies lag und liegt auch Graf Alexanders Nachkommen und Nachfolgern in der Unternehmensleitung am Herzen.
Ähnlich wie sein Urgroßvater Lothar musste Roland Graf von Faber-Castell schon 1928 als 23-jähriger die Firmenleitung übernehmen, die er 50 Jahre lang in Händen hielt. Dabei gelang es im Laufe der Zeit, den starken Absatzrückgang als Folge des 1. Weltkriegs auszugleichen und den Verlust der Produktions- und Vertriebsstandorte nach dem 2. Weltkrieg zurückzugewinnen sowie einen weitläufig gebauten neuen U-förmigen Fabriktrakt zu erstellen, der die Möglichkeiten zur großzügigen Erweiterung bot.
Im Gefolge des deutschen Wirtschaftswunders expandierten die Produktionsraten. 1952 begann Faber-Castell als erstes Unternehmen der deutschen Bleistiftindustrie mit der Fertigung von Kugelschreibern. Der seit 1978 verantwortliche Firmenchef Anton Wolfgang Graf Faber-Castell veranlasste eine Neuorientierung des Sortiments, leitete mit der Aufnahme der Kosmetikstiftproduktion den Ausgleich zu der dem Taschenrechner gegenüber verlorengegangenen Rechenstabfertigung ein und betonte die Rückbesinnung darauf, was Lothar von Faber einst propagiert hatte und womit er dem Unternehmen zu internationaler Größe verhalf: „Die besten Stifte der Welt zu machen „. Die Verwirklichung dieser Zielvorstellungen hatte ihre sichtbaren Auswirkungen auf die Entwicklungsgeschichte Steins, die in der zweiten Hälfte des 19. Jhs. durch den Menschen.

Stadt Stein: Kirchen und Schulen

Stein besitzt zur Zeit vier Kirchen und drei Schularten. Es handelt sich dabei um drei evangelische Gotteshäuser und eine katholische Kirche sowie um je eine Grund- und Hauptschule und ein Gymnasium, dem der Name Lothar-von Faber-Gymnasium gut anstünde.
Erste gottesdienstliche Spuren in Stein gehen auf die „Alte Kirche“ zurück. Als nach der Errichtung der selbständigen politischen Gemeinde im 19. Jh. der Wunsch der Steiner Bevölkerung nach einer eigenen Kirche und Pfarrgemeinde sich lebhaft regte, dachte man an die Verwendung des ehemaligen Bethauses, in dem jedoch der Bleistiftfabrikant Gutknecht ein Magazin unterhielt, so dass sich der Plan zerschlug.
Nun ergriff Lothar Faber, dem nicht nur das äußerliche Wohl seiner Arbeiter am Herzen lag, die Initiative zur Einrichtung eines Vikariats und den Neubau einer Kirche. Die jetzige Martin Luther-Kirche wurde 1861 feierlich eingeweiht und zusammen mit der Pfarrerhebung 1880 zur Patronatskirche erhöht. Kirchenpatron wurde der mittlerweile in den Adelsstand erhobene Lothar von Faber, der sich gleichermaßen um das Steiner Schulwesen verdient machte.
Der zweite evangelische Kirchenbau, die Jakobuskirche in Oberweihersbuch, wurde zwar von einem Architekten geplant, aber weitgehend in Eigenleistung von den dortigen Bauern errichtet und erhielt bei ihrer Einweihung 1928 das Patrozinium der im 30-jährigen Krieg abgegangenen Jakobuskapelle vom Löselhof in Deutenbach übertragen. Dort findet noch alljährlich am dritten Septembersonntag die von allen drei evangelischen Kirchengemeinden getragene Stadelpredigt statt.
Die jüngste der drei war im Neubaugebiet von Deutenbach entstanden und bis 1984 als zweite Pfarrstelle der Martin-Luther-Kirche geführt worden. Die Gottesdienste fanden zunächst in der Kapelle des Gemeindezentrums statt, ehe am 4. Advent 1992 die neue Paul-Gerhardt-Kirche durch den Landesbischof ihrer Bestimmung übergeben werden konnte. Zu diesem Zeitpunkt erschien eine vorbildliche Festschrift die neben einer Dokumentation über den Bau aus Glas und Metall auf Betonfundamenten – Von der Idee zur Durchführung – auch eine als Zeittafel gestaltete Chronik von Deutenbach enthält und zur Erhellung der Steiner Kirchenhistorie beiträgt. So wird auch darauf hingewiesen, daß 1957 in Stein eine katholische Pfarrei gegründet und 1959 die Albertus-Magnus-Kirche errichtet wurde.
Dies war veranlasst durch das starke Wachstum des katholischen Bevölkerungsteils, dem ursprünglich zwar alle drei Wochen die Oberweihersbucher Jakobuskirche für Sonntagsgottesdienste zur Verfügung stand, aber bald den Wunsch nach einem eigenen Gotteshaus weckte, das zunächst eine Notkirche war, an deren Stelle 1989 die mit hervorragenden Arbeiten moderner Sakralkunst ausgestattete neue Albertus-Magnus-Kirche vom Eichstätter Bischof geweiht wurde.
Ein Jahr zuvor war mit einem Festakt das in zwei Bauabschnitten zusammen mit einer Dreifachturnhalle errichtete Schulgebäude des Gymnasiums Stein – sechs Jahre nach dessen Verselbständigung aus dem Verbund mit dem Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium in Oberasbach offiziell seiner Bestimmung übergeben worden. Es rundet den vorbildlichen Gesamteindruck der heutigen Steiner Schulsituation ab, die sich aus trüben Anfängen musterhaft entwickelt hat, wobei ein Blick zurück in die Vergangenheit als Beleg dienen mag.
So stand kürzlich im Amtsblatt der Stadt Stein im Beitrag „Das historische Stichwort“ ein Auszug aus „Stein – Geschichte eines Industrieortes“ zu lesen: »Zu Beginn des 19. Jhs. lagen die Verhältnisse in Stein in schulischer Hinsicht sehr darnieder. Die Kinder wurden willkürlich entweder nach Großreuth oder Oberweihersbuch zur Schule geschickt oder in Stein von Winkelschullehrern unterrichtet. Am 13. Oktober 1835 fasste die Gemeindeversammlung von Stein daher den Entschluß, die Einrichtung einer eigenen Schule für den Ort an höherer Stelle zu beantragen. Auf Grund des Beschlusses wandte sich das zuständige Landgericht Nürnberg in der Angelegenheit an die Regierung in Ansbach. In dem Antragsschreiben wurde die Situation in Stein folgendermaßen geschildert: „Die dortige Jugend der großentheils moralisch sehr niedrig stehenden Fabrikarbeiter verwildert immer mehr, die Schulversäumnisse mehren sich und arten ohngeachtet der verfügten Strafen sogar in eine Art Widersetzlichkeit aus.“ Die Eltern würden sich ferner damit entschuldigen, dass sie die Kinder wegen der weiten Entfernung der Schule in Oberweihersbuch, besonders bei schlechtem Wetter, oft aus Mangel an Kleidungsstücken, nicht so weit schicken könnten. Auf dieses Schreiben hin genehmigte die Regierung im Jahre 1837 endlich eine Schule in Stein.
Soweit das Zitat aus dem genannten Buch, wo schon für das Jahr 1715 angeführt ist, „daß man einen Schulmeister nach Stein setzen wolle, der nicht nur fähig sei, die Kinder im Christentum, im Lesen und Rechnen wohl zu informieren, sondern auch selbst im Notfall in Krankheit mit Trost aus dem göttlichen Wort beispringen könne.“
Solche Ansichten galten wohl auch für Lothar von Faber, der sich anderthalb Jahrhunderte später erfolgreich für die Besserung der Steiner Schulverhältnisse einsetzte. Da Fabers Arbeiterschaft einen Großteil der Bevölkerung ausmachte, ist es verständlich, dass seine Bemühungen um Förderung des Steiner Schulwesens gleichzeitig auch dem ganzen Ort zugute kamen. So bevorschusste Lothar von Faber die Kosten in Höhe von 61 000 Mark für den Bau eines neuen Schulhauses in der jetzigen Alexanderstraße, wo im ersten Stockwerk ein Lokal das Standesamt eingerichtet war und im Erdgeschoss ein Gemeindesaal Platz fand. Dort wurde 1922 das Postamt eingepasst, als das ehemalige Distriktswaisenhaus an der Mühlstraße zu einem Schulhaus umgewidmet war, wozu es noch immer dient. Dort waren bis 1968 alle Steiner ABC-Schützen eingeschult worden, ehe die großzügig gestaltete Schulanlage am Neuwerker Weg in Deutenbach fertiggestellt war, wo Grund- und Hauptschüler so untergebracht sind, dass dem Sachaufwandsträger eine vorbildliche Haltung in der Verpflichtung für die nachwachsende Generation bescheinigt werden muss.
Dieser möchte man wünschen, dass sie in ihrem Leben verschont bleiben möge vor
Krieg, Not und Zerstörung.